Nachhaltigkeit: Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden brauchen jetzt einen Plan.
Nachhaltigkeit: Wer jetzt seine Berichtserstattung ändert, hat bessere Chancen.
16.11.2022In den kommenden Monaten werden sich die Berichtspflichten für große Unternehmen ändern. Doch auch kleinere Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden werden bald von neuen Regularien betroffen sein. Aber wer sich rechtzeitig auf den Weg macht, wird auch Vorteile haben. Da Investoren zunehmend auf nicht-finanzielle Aspekte achten, werden frühzeitige Anwender der späteren Pflichten schon bald bessere Chancen am Kapitalmarkt haben. Im Umkehrschluss werden diejenigen, die sich zu spät um Veränderung kümmern bestraft: Höhere Zinsen für Fremdkapital, Schwierigkeiten beim Einwerben von Eigenkapital, aber auch Probleme auf dem Arbeitsmarkt und insgesamt Reputationsverluste.
Die Europäische Union hat das Reporting auf das nächste Level gehoben.
Was bringt die Zukunft? Salopp gesagt, hat die Europäische Union das Reporting auf das nächste Level gehoben. Mit der Corporate Sustainable Reporting Directive, kurz CSRD, werden die bereits bestehenden Berichterstattungspflichten formal und inhaltlich ausgeweitet und die Berichterstattung stärker standardisiert. Finanzielle und nicht-finanzielle Aspekte der Unternehmensberichterstattung werden erstmals gleichgestellt und die Informationsmöglichkeiten zu Umwelt- und Sozialaspekten für die Öffentlichkeit, die Verbraucher und die Investoren transparenter. Für diese Transparenz sorgt zum einen der vorgeschriebene Veröffentlichungsort dieser Informationen im Konzernlagebericht, zum anderen die im April 2022 vorgestellten ESRS-Kriterien (European Sustainability Standards) zu Klimawandel, Wasser und Meeresressourcen, Biodiversität, Umweltbelastung, Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft sowie Sozial- und Menschenrechten. Diese Kriterien sind mit Indikatoren versehen, die zunehmend berichtet und geprüft werden sollen.
Die Corporate Sustainable Reporting Directive (CSRD) wird für nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden ab 2026 für das Berichtsjahr 2025 verpflichtend sein.
Schon für die meisten Unternehmen mit bereits bestehender und gut aufgestellter Berichterstattung stellt dies eine Herausforderung dar. Für Unternehmen, die sich noch nicht eingehend mit einer Nachhaltigkeitsberichterstattung auseinandergesetzt haben, wird es schon jetzt eng, ein entsprechendes Nachhaltigkeitsmanagement rechtzeitig aufzustellen. Denn die CSRD wird für nicht- kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden ab 2026 für das Berichtsjahr 2025 verpflichtend. Betroffen sind in rund drei Jahren somit auch inhaber- oder familiengeführte Unternehmen ohne Kapitalmarktausrichtung. Unternehmen, die bereits unter das CSR Richtlinienumsetzungsgesetz (CSR-RUG) fallen und eine sogenannte Nichtfinanzielle Erklärung abgeben, werden in 2025 erstmals CSRD-konform über das Jahr 2024 berichten müssen. Die Tatsache, dass alle nach CSRD berichtspflichtigen Unternehmen auch eine Erklärung zur EU-Taxonomie abgeben müssen, erhöht den Druck zusätzlich. Zumal auch hier für die berichtenden Unternehmen zukünftig ausgeweitete Berichterstattungspflichten in zusätzlichen, nicht klimabezogenen Umweltzielen gefordert sind, wie beispielsweise Kreislaufwirtschaft, Wasser- und Meeresressourcen, Umweltverschmutzung sowie biologische Vielfalt.
Es entsteht eine konsequente Verantwortlichkeit für Nachhaltigkeit in der Geschäftsleitung.
Dass es die Europäische Union ernst meint, unterstreicht die im Februar 2022 veröffentlichte Corporate Sustainability Due Diligence Directive, kurz CS3D. Sie ist die große Schwester des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes. Beide sollen zukünftig sicherstellen, dass Menschenrechte und Umwelt in der Wertschöpfungskette von Unternehmen Beachtung finden, potenzielle oder tatsächliche negative Auswirkungen identifiziert und Maßnahmen zur Minderung ergriffen werden. Die europäische Richtlinie geht weit und verknüpft Sorgfaltspflichten (Due Diligence) mit einer Nachhaltigkeitsstrategie und die Ausrichtung an Klimazielen und ökologischen und menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten.
So entsteht eine konsequente Verantwortlichkeit für Nachhaltigkeit in der Geschäftsleitung. Geplant sind innerhalb der EU Sanktionen und Geldbußen, wenn ein Unternehmen seinen Pflichten nicht ordnungsgemäß nachkommt. Zusätzlich entsteht die Möglichkeit Opfer zu entschädigen und so eine zivilrechtliche Haftung für Geschäftsführende.
Next Step: Bericht zur Sozialtaxonomie setzt Menschenrechte in den Fokus.
Da viele Maßnahmen im Umwelt- und Klimabereich Auswirkungen auf Gesellschaft und Arbeitnehmende haben, müssen für eine gerechte Transformation der Wirtschaft (just transition) auch Sozial- und Arbeitsstandards dringend beachtet werden. So ist schon die nächste Herausforderung aus Brüssel auf dem Weg: Ein erster Bericht zur Sozialtaxonomie, die – zusätzlich zu den Klima- und Umweltzielen – Menschenrechte im Unternehmen und entlang der Wertschöpfungskette in den Fokus setzt.
Alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden müssen sich deshalb jetzt ein klares Bild darüber machen, ob und inwieweit sie von der Berichtspflicht zukünftig betroffen sein werden, und eine definierte Roadmap zur (Weiter)Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategie, -management und -berichterstattung anfertigen.