Interview zum Thema Bewegtbild

Wertvolle Tipps aus der Praxis und eine Einschätzung zu Trends in der Bewegtbildkommunikation

15.12.2021

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Cathrine Niermann Head of Strategy & Concept brand+content communication
Cathrine Niermann

Head of Strategy and Concept
Cathrine.Niermann@cbe-digiden.de

Egal, ob in der Unternehmenskommunikation, im Marketing, auf Events, Messen oder in Ausstellungen: Wer heute als Unternehmen oder Arbeitgeber Sichtbarkeit erlangen möchte, kommt an Bewegtbild nicht vorbei. Wir haben mit Riza-Rocco Avsar*, Filmemacher und Gründer von Cinebureau, über aktuelle Trends in der Bewegtbildkommunikation gesprochen, über wertvolle Learnings aus der Praxis und darüber, wie eine gekonnte Ansprache der eigenen Zielgruppe gelingt.

Welche Rolle spielt Bewegtbild in der Kommunikation heute, und inwiefern spielt auch unsere veränderten Medienkonsumverhalten dabei eine Rolle?

Es ist genau unser Medienkonsumverhalten, das auch in der Kommunikation eine Rolle spielt. Social Media hat beispielsweise einen enormen Einfluss auf unser Konsumverhalten. Dieses Verhalten trägt sich auch in unseren Beruf weiter. Ob im privaten oder im geschäftlichen Kontext – das macht für die Art, wie wir Medien konsumieren, keinen Unterschied mehr. Zum Beispiel konsumieren wir heute vor allem auf Mobile Devices. Diesen Aspekt sollte man auch bei der Erstellung von Bewegtbildern für die Unternehmenskommunikation berücksichtigen.

Welche Vorteile bietet Bewegtbild gegenüber anderen Formaten?

Bewegtbild weckt direkt unsere Aufmerksamkeit und brennt sich in unsere Köpfe ein. Bewegtbilder eröffnen wahnsinnig viele Möglichkeiten für die Kommunikation der Unternehmen, vor allem, um die Identität, Vision, Unternehmenskultur und das visuelle Erscheinungsbild von Unternehmen oder Marke nach außen zu tragen. Visuell, verbal und auditiv.

Wann ist der Einsatz von Bewegtbild sinnvoll?

Eigentlich immer.

Bewegtbild ist aus der Kommunikation nicht mehr wegzudenken. Aber wie macht man es richtig?

Da gibt es sicherlich verschiedene Herangehensweisen. Für mich ist der Austausch mit dem Kunden wichtig. Was denkt, fühlt, treibt und motiviert ihn oder sie. Dann gibt es unterschiedliche Tools um herauszufinden, welche Botschaft der Kunde kommunizieren möchte. Welche Emotionen und Gefühle sollen vermittelt werden, wer soll erreicht werden und in welchem Format soll das Bewegtbild produziert werden? Wir reden hier über klassische Projektbriefings, Brainstorm-Workshops und/oder Tools wie das Mindmapping, um mit dem Kunden deren Geschichte zu entwickeln, zu erzählen und gemeinsam umzusetzen.

Was sind die wichtigsten Learning aus der Praxis, die bei der Planung und Umsetzung von Bewegtbildprojekten zu beachten sind?

Möglichst früh Fachleute oder einen Creative Director für Video zu Rate ziehen. Viele Möglichkeiten ergeben sich erst im ersten Gedankenaustausch. Was funktioniert und was funktioniert eher nicht. Oft werden Kampagnen geplant und dann erst wird über Bewegtbilder nachgedacht. Dabei sollte von Anfang an mitbedacht werden, wie Bewegtbilder einen Teil des Storytellings in Projekten/Kampagnen einnehmen können.

Auch das Angebot an Bewegtbildern ist in der Medienlandschaft mittlerweile riesig. Wie schaffe ich es als Unternehmen, aus der Masse hervorzustechen?

Storytelling. Eine Geschichte zu erzählen, den Zuschauer:innen einen Mehrwert geben. In der Dramaturgie spricht man von Konflikt, also der Grundfrage der Geschichte. Diese Grundfrage, oder auch Konflikt, lassen sich auch auf Formate in der Kommunikation übertragen, behandeln und auserzählen.

Die Auswahl der richtigen Kanäle ist ein weiteres wichtiges Mittel. Ein B2B-Unternehmen wird seine Zielgruppe zum Beispiel kaum über TikTok erreichen. Aber auch auf Plattformen wie LinkedIn gibt es mittlerweile ein Überangebot an Content. Hier kann vor allem die Qualität der Bewegtbilder einen Unterschied ausmachen.

Auch die richtige Wahl des Formats in Anlehnung an aktuelle Trends (z. B. auf den unterschiedlichen Social-Media-Plattformen) können dafür sorgen, dass Bewegtbilder hervorstechen bzw. eine hohe Reichweite generieren. Letztlich entscheidet neben der visuellen Qualität aber immer die inhaltlichen.

Welche technische Entwicklung hat/wird die Produktion oder Rezeption von Bewegtbild zukünftig am meisten verändert und warum?

Es wird immer leichter qualitativ hochwertigeren Bewegtbild-Content selbst zu produzieren. Mittlerweile kann man fast von überall live und in Realtime Bewegtbild streamen, aber auch mit einem Smartphone bereits hochwertigeren Content selbst produzieren, also filmen und sogar auch schneiden. Automatisierungen in der Postproduktion erleichtern gewisse Abläufe, für die es vorher viel Zeit, entsprechende Soft- und Hardware und Manpower benötigt hat.

Du bist ja seit einigen Jahren Dozent an der Axel-Springer-Academy. Was sind die drei wichtigsten Tipps, die du deinen Student:innen derzeit mitgibst?

Sich immer in die Zuschauer:innen hineinversetzen, für die das Bewegtbild erstellt wird. Das Storytelling entscheidet, ob die Betrachter abgeholt werden oder nicht. Im Zweifel ist das nächste Video nur ein Wisch nach oben entfernt. Die ersten Sekunden sind entscheidend, ob man „dranbleibt“ oder nicht.

Sauberen Ton aufnehmen. Guter Ton ist mindestes genauso wichtig wie ein gutes Bild.

Wenn möglich, mit Licht arbeiten, auch wenn es „nur“ das Available Light ist. Licht macht immer den Unterschied aus.

Außerdem rate ich immer zu schönen Detailaufnahmen. Sie stechen aus der Masse hervor, insbesondere beim Konsumieren von Bewegtbildern auf Mobile Devices.

Guten Bewegtbild-Content zu produzieren ist i. d. R. immer noch aufwendiger als einen Text/Bild-Beitrag zu erstellen. Warum lohnt es sich trotzdem?

Bilder bleiben im Kopf hängen. Sie können z. B. Emotionen und Botschaften direkter und schneller transportieren und vermitteln.

Die junge Generation beginnt inzwischen zum Teil schon in der Grundschule damit, erste eigene Videos zu drehen. Was heißt das für professionelle Bewegtbild- Produzenten/Anbieter?

Wie erwähnt, wird es immer einfacher, selbst Content zu produzieren. Es wird aber immer Unterschiede geben zwischen einfach produziertem Content und hochwertigeren Produktionen, mit ausgefeiltem Drehbuch, einer Dramaturgie und umfangreichem Produktionsaufwand, wie z. B. das Licht-Setup, die Inszenierung mit DarstellerInnen, die Storyline usw.

Dennoch können einfach hergestellte Clips funktionieren und viral gehen, und das ist auch gut so und kann auch inspirierend für professionelle Filmemacher sein.

„Macht das nicht so aufwendig, das soll eher so eine Handy-Kamera-Ästhetik haben.“ – Wie gehst du mit so einer Kundenanforderung um?

Es kommt immer darauf an. Am Ende entscheidet der User, ob solch eine einfache „Handy-Ästhetik“ glaubwürdig erscheint und angenommen wird. Aber diese Ästhetik kann durchaus auch ihren Einsatz finden.

Worauf würdest du beim Dreh nie verzichten?

Licht. Und ein gut funktionierendes und harmonisches Drehteam.

Was darf für dich bei der Postproduktion nicht fehlen?

Schokolade. Ansonsten Musik. Idealerweise keine Musik aus der Konserve, sondern eigens komponierte Musikstücke. Es gab schon Situationen, wo Kunden ihre eingekaufte GEMA-freie Musik in einem Video des Konkurrenten entdeckt hat. Das passiert mit eigenen Kompositionen natürlich nicht.

 

*Riza-Rocco Avsar ist seit 2003 freiberuflicher Filmemacher und Kameramann. 2010 führt er erstmals Regie und realisiert und produziert fortan Werbespots, Corporate Filme, Dokumentarformate, Social Spots und Musikvideos. Als Creative Director Video berät, konzipiert und realisiert er für Agenturen und Verlage digitale Kampagnen und Projekte. 

Seit 2007 ist er als Coach und Dozent, mit den Schwerpunkten Videojournalismus und Storytelling, u.a. für die Freetech Academy of Journalism and Technology (früher Axel Springer Akademie), die Hochschule Fulda, Filmhaus Babelsberg, Axel Springer SE und die Friedrich-Ebert-Stiftung tätig. Als Head of Video an der Freetech Academy ist er für die Bewegtbild-Ausbildung und für journalistische Digital-Projekte mit verantwortlich.

Gründer/Mitinhaber von Cinebureau (Filmproduktionsfirma, seit 2010).