How to narrative – die zwei Seiten eines Trendthemas

How to narrative – die zwei Seiten eines Trendthemas

23.07.2024

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CBE DIGIDEN Sabine Clausecker Member Of The Management Board
Sabine Clausecker

Member of the Executive Board
Sabine.Clausecker@cbe-digiden.de

Nicht nur Julian Nagelsmann findet, dass wir mit mehr Optimismus und positiver Haltung besser dran wären. Das Thema ist in aller Munde: Positive Narrative braucht das Land. Auf jedem Kommunikationskongress gibt es aktuell mindestens einen Vortrag dazu und LinkedIn ist voll von Tipps und Ratschlägen, was positive Narrative bewirken können. Bei dem aktuellen Multi-Krisen-Szenario sagt selbst Eckhard von Hirschhausen als Botschafter seiner Stiftung „Gesunde Erde – gesunde Menschen“: „Je mehr bedrohliche Nachrichten wir hören, desto mehr gehen wir in Schockstarre und Abwehr.“ Hier könne man mit positiven Narrativen viel erreichen.

Was tun positive Narrative mit uns? Und was genau ist eigentlich ein Narrativ?

Als Narrativ wird eine sinnstiftende Geschichte verstanden, die Einfluss auf die Art nehmen soll, wie wir Dinge verstehen. Narrative setzen Bilder frei, die mit Emotionen und Werten belegt sind. Sie entwickeln im besten Sinne eine Strahlkraft, die Menschen mitreißt und aktiviert. Narrative können gesellschaftliche Orientierung geben und Zuversicht vermitteln.

Donald Trump verbindet mit der Ernennung von J.D. Vance als seinen möglichen Vize Präsidenten den Wunsch, das Narrativ „Make America great again“ zum Mainstream-Mantra der USA zu entwickeln. Das Handelsblatt sieht das nicht als unrealistische Perspektive an.

Der Kognitionswissenschaftler und Germanist Fritz Breithaupt, der in den USA lehrt und forscht, zeigt in seinem Buch “Das narrative Gehirn: Was unsere Neuronen erzählen” auf, wie wir auf neurologischer Ebene durch eine gute Erzählung mit bestimmten Emotionen belohnt werden. Durch das Wiederholen von Geschichten aktivieren wir das Belohnungszentrum im Gehirn. Die narrativen Emotionen, von denen in diesem Buch die Rede ist, bestimmen, wie wir leben und auch, wie gut wir leben.”

Ein schönes Bespiel für positive Narrative hält die aktuelle Employer-Branding-Kampagne „Mächtig Betrieb“ der DB bereit: Mit „Mächtig Betrieb“ zeigt DB aus Sicht der eigenen Mitarbeitenden aktuelle Handlungsbedarfe auf und zeichnet ein Bild des kollegialen Zusammenhalts. Hier ist es die glaubhafte Darstellung, die bewegt. Die authentische Darstellung ist wirkungsvoller als konzipierte Traumwelten aus der Marketingschublade. Emotionales Storytelling darf ruhig auch schmerzen. Auch das zahlt auf die Glaubwürdigkeit ein. Außerdem wird die Geschichte aus der Perspektive der Mitarbeitenden erzählt. Das punktet ebenfalls.

Als Nebeneffekt von Narrativen, die sich erfolgreich in die Köpfe und Herzen der Menschen bringen, entstehen aber auch festgefahrene Erzählungen, die zwar Identität und Sinn bieten, aber eine persönliche, unternehmerische oder gesellschaftliche Weiterentwicklung behindern können. Das heißt, jedes erfolgreiche Narrativ kann sich auch in den Köpfen von uns Menschen ansiedeln und uns in unserem Denken und Handeln einschränken. Deshalb darf die Verantwortung für ein Umdenken nicht allein auf die individuelle Ebene abgeschoben werden. Wir brauchen vielmehr Konzepte, die Menschen nicht nur als Person ansprechen, sondern auch in ihrer Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit als Mitglied unserer Gesellschaft und ihrer Peer-Groups.

Darüber hinaus zählen Worte oder Geschichten allein nicht. Es sind Taten, die Veränderungen bringen. Das sollte uns trotz des notwendigen Optimismus klar sein.